Die Morgensonne spielt auf den Wellen des Kurischen Haffs, als unsere Yacht den Hafen von Nida verlässt. Es ist zehn Uhr, doch der Tag strahlt bereits die Versprechen des Sommers aus. Unser Ziel ist der "Šturmų Leuchtturm", ein Restaurant, das seit mehreren Jahren fest in den Top Ten der besten Restaurants Litauens verankert ist. Es befindet sich an einem einzigartigen Ort, wo Natur und Geschichte verschmelzen. Die Yacht gleitet durch das Wasser wie ein silberner Fisch und hinterlässt eine schäumende Wellenlinie. Links erstreckt sich die Kurische Nehrung, deren Dünen im Morgenlicht golden schimmern. Der Wind streichelt unser Gesicht und trägt den erfrischenden Duft von Meersalz und Kiefernharz mit sich.
Bald tauchen am Horizont die Grauen Dünen auf - ein geheimnisvolles Naturwunder. Ihr graues, silbriges Sand kontrastiert mit den grünen Kiefernwäldern und schafft ein unglaubliches Bild. Der Kapitän erzählt uns von der Entstehung dieser Dünen und ihrer Bedeutung für das Ökosystem der Kurischen Nehrung, und wir lauschen, verzaubert von diesem Naturmeisterwerk.
Auf halber Strecke passieren wir das Kap Ventė. Diese schmale Landzunge, die sich ins Haff erstreckt, wirkt wie eine von der Natur geschaffene Brücke zwischen Wasser und Himmel. Die Vogelwarte am Kap Ventė erinnert an die Tausenden von Vögeln, die hier jedes Jahr auf ihren langen Reisen Halt machen.
Als wir uns unserem Ziel nähern, eröffnet sich uns ein atemberaubender Anblick. Ein kleiner Hafen, eingebettet zwischen grünen Wiesen und dunklen Kiefernwäldern, sieht aus wie aus vergangenen Zeiten. Der blaue Himmel spiegelt sich auf der Wasseroberfläche, und am Horizont sind die Weiten des Kurischen Haffs zu sehen.
Der "Šturmų Leuchtturm" befindet sich in einem kleinen Hafen, der einst Teil einer Fischfarm war. Der Hafen ist von verschiedenen Gebäuden umgeben, jedes mit seinem eigenen Charakter und Geschichte. Die roten Ziegeldächer kontrastieren scharf mit der grünen Umgebung und schaffen eine gemütliche Dorflandschaft. Die weißen Häuser mit Holzkollonaden erinnern an alte Fischerhäuser, während die größeren roten Gebäude Relikte der ehemaligen Fischfarm sind.
Neben dem Restaurant steht eine Nachbildung eines mittelalterlichen Leuchtturms - ein Symbol, das den Geist und die Geschichte dieses Ortes widerspiegelt. Am Ufer sehe ich drei alte Boote - Kurėnai, die von der Wertschätzung der Restaurantbesitzer für die Vergangenheit dieser Region zeugen. Diese Boote schmücken nicht nur die Umgebung, sondern erzählen auch von den Fischereitraditionen dieser Region und erinnern die Besucher an die tiefen Wurzeln dieser Gegend.
Beim Betreten werden wir von der Wärme des Holzinterieurs empfangen. Das Interieur ist einfach, aber voller ländlichem Charme - es gibt viel zu sehen, aber nichts stört die Ruhe und das bevorstehende kulinarische Erlebnis. Obwohl das Menü des Restaurants für seine Fischgerichte bekannt ist, wähle ich als Vegetarier Apfelkuchen und Kräutertee. Während ich auf das Gericht warte, beobachte ich durch das Fenster die Vögel, die über dem Haff gleiten, und in der Ferne sehe ich weiße Yachten, die träge auf Wegen gleiten, die nur ihnen bekannt sind.
Endlich kommt der Kräutertee - sein magischer Duft verzaubert schon vor dem ersten Schluck. Jeder Schluck ist eine Reise durch die Geschmäcker der Geschichte des Kurischen Haffs. Der Tee passt perfekt zum Interieur - so echt, einfach und natürlich, und doch ist er das wunderbarste Getränk, weil man ihn in diesem Moment und an diesem Ort trinkt.
Nach dem Tee kommt der Apfelkuchen. Seine Kruste ist knusprig und golden, und das Innere ist zart und duftend. Jeder Bissen ist eine Erzählung über die Großzügigkeit der örtlichen Obstgärten und die Schönheit der Natur. Der Geschmack des Kuchens erinnert an einen Morgen am Wasser, wenn die Sonne bereits aufgegangen ist, die Luft aber noch frisch von der nächtlichen Kühle ist.
Ich beende das Mittagessen auf der Terrasse, sitzend auf einer Holzbank und beobachtend, wie weiße Wolken über die Kurische Nehrung schweben. Ein sanfter Wind bringt den fernen Schrei der Möwen, der mich daran erinnert, dass ich zwischen zwei Welten bin - Land und Wasser.
Am Abend zeigt sich der "Šturmų Leuchtturm" in ganz anderen Farben. Eine hängende flammende Laterne wird zum wahren Mittelpunkt. Ihr Licht, das sich im Wasser spiegelt, schafft eine magische Atmosphäre und erinnert an den eigentlichen Zweck des Leuchtturms - ein Wegweiser in der Dunkelheit zu sein.
Der "Šturmų Leuchtturm" ist nicht nur ein Restaurant. Es ist ein Ort, an dem Geschichte und Gegenwart verschmelzen, an dem jeder Besuch ein Liebesbrief an das Kurische Haff ist. Hier kann man hören, was der Wind flüstert, und die Melodie der morgendlichen Stille spüren. Der Name "Šturmų Leuchtturm" spiegelt perfekt den Geist dieses Ortes wider - ein Hafen der Ruhe in einer stürmischen Geschichte.
Auf der Rückfahrt mit der Yacht nach Nida sieht der Sonnenweg auf dem Wasser aus wie ein goldener Pfad in ein Land neuer Entdeckungen. In meinem Herzen trage ich nicht nur die Erinnerungen an wunderbare Geschmäcker, sondern auch das Gefühl, an etwas Magischem teilgenommen zu haben - an der alten Geschichte der Kurischen Nehrung, die jeden Morgen im "Šturmų Leuchtturm" weitergeschrieben wird.